Johann Moser vom Windpark Spörbichl im Gespräch

Ursula Seethaler hat bei unserem letzten OurPower-Online-Dialog ein spannendes Gespräch mit Johann Moser vom Windpark Spörbichl geführt. Johann erzählt davon wie er dazu gekommen ist als Mathematiklehrer einen Windpark in Oberösterreich zu bauen, auf welche Herausforderungen er dabei gestoßen ist und wie der Windpark Spörbichl jetzt von OurPower profitiert. 

18.11.2021, Natascha Fenz

Das Gespräch mit Johann Moser zum Nachlesen

Lesedauer: ca. 16 Minuten

Ursula Seethaler: Es freut mich sehr, dass du dir heute die Zeit nimmst mit uns das Gespräch zu führen. Ihr habt 1999 am 5. November die Windräder in Spörbichl in Betrieb genommen. Kannst du mir kurz erzählen was die Motivation war, wie es dazu gekommen ist? Wie war der Vorlauf? Damit wir uns das ein bisschen besser vorstellen können. Du musst glaube ich noch ein paar Worte dazu lassen wo das ist und was das genau ist. 

Johann Moser: Gerne. Ich korrigiere in Oberösterreich hat es bereits 1996 Eberschwang gegeben und 1998, ein Jahr vor uns, Schenkenfelden. Das ist ungefähr 20 km von uns in Freistadt entfernt, von Windhaag ein bisschen mehr. Und ich glaube es hat auch schon einen der Parks in Lausse gegeben, das weiß ich aber nicht mehr genau. Oberösterreich war aber trotzdem ein bisschen hinten, hatte ich den Eindruck, im Vergleich zu Niederösterreich.. Ich selbst lebe in Freistadt in der Nähe von Windhaag und bin ein sogenannter „Zugereister“ und habe, wie ich hier hergezogen bin, aus persönlicher Situation mit dem Wind gekämpft, weil mich der einfach genervt hat. Der sogenannte böhmische Wind, der auch recht kühl war und beim Spazierengehen war das wirklich eine nervige Angelegenheit. Ich bin in meinem Hauptberuf Mathematiklehrer, war damals in einer HAK, wo man angewandte Mathematik unterrichtet, und war sehr bemüht anwendungsorientierte Themenbereiche zu finden. Da bin ich auf Funktionen gekommen in Zusammenhang mit der Windkraft, wie der Ertrag mit der Höhe und der Länge der Rotorblätter zusammenhängt.. Ich habe mich damit beschäftigt, habe Schularbeiten-Beispiele und solche Sachen gegeben und bin dann über IG-Windkraft glaube ich ich zu einer Exkursion 1996 gestoßen im Herbst, wo man Windkraftanlagen besucht hat, die es schon gegeben hat. Und zwar waren wir glaube ich in Eberschwang und auch in Niederösterreich in St. Pölten und umliegenden Ortschaften, wo es damals schon kleinere Windräder gegeben hat. Wie ich dann nach diesem Tag nach Hause gekommen bin, habe ich gesagt: „Jetzt weiß ich wie man einen Windpark organisiert“. Wir haben dort mit den Betreibern gesprochen und geschaut, wie das geht. Ich habe das Modell Bürgerbeteiligung bereits gekannt. Ich habe gewusst, dass man vorher messen muss, dass es die Energiewerkstatt gibt und dann hat mich das irgendwie gejuckt. Ein halbes Jahr später habe ich mit Leuten, die aus der Region kommen, begonnen Standorte zu suchen und dort eine Messung aufzustellen und auszuprobieren, ob der Wind stark genug ist. Das war der Einstieg.  

Ursula Seethaler: Wie ist es denn zu den Messungen gekommen? Das war ja gar nicht so einfach, oder? Am Start diese Messungen auf der grünen Wiese die Standorte zu finden, wo die Windräder hinkommen sollen, ist wahrscheinlich nicht leicht. Kannst du uns da etwas erzählen, wie das war?

Johann Moser: Die Messung war damals eine technisch völlig einfache Sache. Aber ich musste natürlich zuerst den Standort finden und die Erlaubnis des Grundeigentümers bzw. der Grundeigentümer einholen. Also habe ich Gespräche geführt in Spörbichl in der Ortschaft. Ich bin von außen dazu gekommen und habe von diesem Projekt erzählt, das ich gerne machen würde und dass sich Windhaag gut eignen würde. Windhaag hat einen Bürgermeister gehabt, der energiepolitisch sehr aktiv war und interessiert war, der Alfred Klepatsch, falls ihn jemand kennt. Irgendwie haben wir dann einen Standort gefunden und die örtliche Feuerwehr hat gesagt sie helfen mit. Ich habe den Maibaum gekriegt einen Fichtenstamm, und mit einem Traktor mit einer Hebebühne sind wir dann hinaufgefahren. Da sind wir hochgehoben worden. Ich weiß nicht mehr, ob das 10 Meter waren, das war damals für mich gespenstisch, so hoch war ich zuvor noch nie im Freien in der Luft. Später war ich dann auf der Windkraftanlage auch bei 65 Meter oben, beziehungsweise. beim Rotorblätter begutachten bin ich auch hinauf mit so einem Hebekran, das ist schon ganz schön steil und wackelt. Jedenfalls haben wir diese Messung dann befestigt und dann bin ich einmal im Monat dort hin. Das war damals verblüffend, weil im Sommer habe ich ein Stirnband gebraucht, wenn ich da rauf gegangen bin. Windhaag liegt auf 920m und da war es im Sommer ganz schön kalt. Im Winter bin ich zum Teil bis zur Hüfte im Schnee versunken. Es war wirklich eisig. Am 5.11.1999 haben wir eröffnet und wie die Anlagen fertig waren, sind wir im Hemd oben gestanden, weil es so warm war. Das war das erste Mal, dass es im November so warm war, dass man im Hemd da oben stehen konnte. 20-40 Leute waren wir und haben uns das angeschaut. Damals haben wir uns gefreut, dass es so warm ist und haben noch nicht bemerkt, dass das eine problematische Veränderung ist, nämlich auch was unseren Windertrag betroffen hat. Weil der Windertrag ungefähr 20% weniger war als das was wir prognostiziert haben.

Ursula Seethaler: Ihr habt eine Messung gemacht und auf Basis der Daten habt ihr den Windertrag prognostiziert. Und seit damals hat sich wirklich die Windertragslage geändert und das habt ihr bemerkt? Habt ihr da noch Gespräche geführt?

Johann Moser: Wir haben Gespräche geführt und uns mit der Energiewerkstatt, die uns das damals prognostiziert hat, kurzgeschlossen. Wir haben uns mit anderen Windparkbetreibern in Oberösterreich verglichen. Ein Institut in Bayern hat dann festgestellt, dass es großräumige und langfristige Windverhältnisänderungen gibt. Ob das jetzt sowieso immer so ein Auf und Ab war in einem 15-jährigen Zyklus, war nicht so klar. Aber es hat Änderungen gegeben und wir sind zwischen Messungen und Betrieb da reingefallen. Wir haben sogar Pech gehabt am Beginn, weil uns die EU-Förderung halbiert wurde, da die Ergebnisse nicht zusammengepasst haben. Wir haben es uns dann von der Landesregierung erkämpft, dass die uns das als Ersatz zahlen, das ist aber der Republik teurer gekommen, weil der EU-Anteil auch von der Landesregierung gezahlt wurde.

Ursula Seethaler: Die Natur hat einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Johann Moser: Ja, genau. Wir haben aber dann auch gemerkt, dass das halt so ist. Es war ein bisschen unsicher, weil es die erste Anlage im Mühlviertel war und es war nicht klar, wie das im hügeligen Land ist. Das Waldviertel ist relativ flach und bei uns ist es hügelig, es war unsicher, ob da die Winde nicht böig oder unruhig sind.

Ursula Seethaler: Es hat dann Förderungen gegeben. Wie seid ihr dann vorgegangen, dass ihr die Bevölkerung und die Personen, die rundherum wohnen ins Boot bekommen habt und sie für etwas neues wie eine Windkraftanlage Geld hergeben?

Johann Moser: Für mich war völlig klar Bürgerbeteiligung ist ein interessantes Konzept, weil die Leute vor Ort die Gelegenheit haben sich beim Projekt zu beteiligen mitzureden. Das ist etwas anderes als wenn von außen ein Konzern kommt und sagt sie stellen da was her und es ist ihnen egal was die Bürger dazu sagen. Das ist das eine und das zweite war, damals war die Energiegesetzgebung in Oberösterreich so, dass die Förderungen von der Landesgesetzgebung abhängig und organisiert wurden. Und die Landesgesetzgebung in Oberösterreich hat Bürgerbeteiligung verlangt für diese Projekte, die dafür einen speziellen Strompreis kriegen. Das hat für uns gut dazu gepasst und es war für uns klar es muss so ein Projekt werden. Das war dann auch die Zeit, wo sehr stark Anti-Temelin-Aktivitäten in der Region waren. Die waren getragen von Windhaag, Grünbach, von diesen Ortschaften an der Grenze. Und jetzt war ein bestimmtes Bewusstsein in der Bevölkerung da. Wenn man das eine ablehnt, braucht man das andere. Man musste Alternativen aufzeigen und realisieren. 

Ursula Seethaler: Ihr habt eine Antwort daraufgestellt, wie es anders gehen kann?

Johann Moser: Genau, es war aber auch ein Vorteil, dass ich dadurch Ansprechpartner gehabt habe. Es hat in den einzelnen Orten Energiegruppen gegeben, Aktivistenstammtische, die haben mich eingeladen und ich habe Kontakte bekommen. Ich habe ihnen von dem Projekt erzählt, es ihnen vorgestellt und das ist dann ganz gut gegangen.

Ursula Seethaler: Wer war damals im Landesrat und wer war Energieminister? Denn die haben zu guter Letzt eine wichtige Rolle gespielt. Obwohl es klein ist in Österreich war es wichtig, dass die Personen aktiv waren, oder?

Johann Moser: Das war schon wichtig. In der Landesregierung in Oberösterreich hat der Landesrat Christoph Leitl die Grundlagen gelegt, dass die Windenergie nicht so abgelehnt wird, wie es momentan in Oberösterreich ist, muss ich dazu sagen. Sie wollten das irgendwie schön geordnet im Griff haben und ein paar Windkraftanalgen zulassen. Vielleicht als Test, damit die Energieunternehmen sehen, ob sie das technisch bewältigen können. Das war eine wichtige Geschichte. Energieminister war Martin Bartenstein. Da war das so: Wir waren das letztgereichte Projekt, das nicht mehr ganz in den Fördertropf hineingefallen ist und anfangs hat er gesagt, dass es sich nicht mehr ausgeht, weil er den Fördertopf überschreiten müsste. Nach Gesprächen mit ihm und langen Telefonaten mit seiner Sekretärin, die mich glaube ich ganz inoffiziell unterstützt hat, hat er letztlich eingewilligt den Fördertopf zu überschreiten und unser Projekt zur Förderung zuzulassen.

Ursula Seethaler: Das war ein wichtiger Punkt.

Johann Moser: Das war ein ganz wichtiger Punkt. Die Rahmenbedingungen sind nachher schlechter geworden und wir hätten es wahrscheinlich nicht mehr realisieren können.

Ursula Seethaler: Ihr habt doch einiges an Förderungen bekommen. Was war eigentlich der Betrag? Wenn man sich das jetzt vorstellt, das ist ganz interessant, das waren damals noch Schilling. Was hat das gekostet? Wie viel habt ihr an Bürgerbeteiligung aufgebracht und wie hoch waren die Förderungen?

Johann Moser: Es waren damals knapp 20 Millionen Schilling (~1,45 Millionen €). 7,5 Millionen haben wir selbst mit Förderungen aufgebracht. Über 4 Millionen haben wir ein Bankdarlehen aufgenommen. 4 Millionen waren die Förderungen von der Kommunalkredit und den Rest haben wir bekommen als Strompreisvorauszahlungen, und zwar durch den erhöhten Fördertarif von der Linz Strom. Der ist leider mit 7% intern kalkuliert worden, das heißt der Barwert, den wir ausbezahlt bekommen haben, ist entsprechend abgewertet worden. Aber das ist halt in der Industrie so. 7% ist Standard und das weiß ich auch aus der Finanzmathematik. Damals war das der Standard, also hat das auch gepasst. Wir haben also eine Tarifvorauszahlung bekommen, da haben wir dann natürlich später immer den erhöhten Tarif abgezogen gekriegt, aber das ist so gut gegangen, dass wir dann nach 3 Jahren das Darlehen zurückgezahlt haben und dann angefangen haben Ausschüttungen zu machen.

Ursula Seethaler: Du hast mir gestern noch erzählt wie ihr die Personen angesprochen habt, dass sie Geld bei euch einlegen bzw. bereitstellen für den Windpark. Ihr habt ja zwei Möglichkeiten angeboten.

Johann Moser: Ja, das ist wirklich interessant. Das eine waren der atypische stille Gesellschafter. Die sind beteiligt am Eigenkapital der Anlagen mit 7,5 Millionen Schilling. Ein Anteil waren ungefähr 2.200€ bzw. 30.000 Schilling. Die Idee war, dass man mit einem Anteil die Haushaltsenergie selbst produziert, oder finanziert zumindest. Und als zweite Möglichkeit haben wir Darlehen angeboten, ich glaube mit 7-jähriger Laufzeit und einem bestimmten Prozentsatz. Und interessanter Weise haben ungefähr 105 Leute Anteile gekauft und niemand hat nach dem Darlehen gefragt, was im Nachhinein für mich ein Glück war. Damals war das egal, nicht mal die Bank hat gesagt, dass wir das nicht machen dürfen. Dabei hätten wir vielleicht Probleme mit der Finanzaufsicht bekommen. Das war ein Glück. Was auch merkwürdig war: In Freistadt, Grünbach und Windhaag, das sind so die größeren energiepolitisch interessierten Gemeinden gewesen, haben wir Abendveranstaltungen gemacht, wo wir eingeladen haben. Da war der Steuerberater da und hat die steuerlichen Sachen erklärt und solche Sachen. Innerhalb von zwei Wochen waren die 7,5 Millionen Schilling aufgebracht und nachher hat kein Mensch mehr gefragt, obwohl wir das nirgendwo gesagt haben, dass wir voll waren. Das war so verblüffend und ich habe mir gedacht, Glück gehabt, weil wenn das ein bisschen früher schon eingebrochen wäre, dann weiß ich nicht was wir getan hätten. Wir haben außerdem noch die Beschränkung gehabt zehn Anteile pro Person oder Firma, damit wir keine Großaktionäre zusammenbringen. Das war damals so eine Philosophie in Oberösterreich.

Ursula Seethaler: Windkraft ist schon manchmal auch umstritten, manche sagen es surrt oder was auch immer. Es gibt auch immer wieder Diskussionen, aber du hast gemeint durch diese Beteiligung ist eine ganz andere Akzeptanz entstanden?

Johann Moser: Genau, die Akzeptanz war einfach da. Wir haben zum Beispiel bei den behördlichen Verfahren, bei der Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt keine Probleme mit Bürgern gehabt. In den ersten 14 Tagen, nachdem die Anlagen aufgestellt wurden, läutet das Telefon und jemand beschwert sich, aber nicht weil die Anlagen so laut sind und laufen, sondern weil ein Wind weht und die Anlagen stehen. Das war wirklich lieb. Ich habe dann gesagt, dass der Wind zu schwach war. Der war unter 3m pro Sekunde, das schaltet sich erst ein bisschen stärker ein. Bei unseren Jubiläen nach 10 Jahren haben wir ein Fest gemacht in Spörbichl, wo wir die Leute eingeladen haben, da war immer Interesse da.

 

Ursula Seethaler: Da sieht man schon, dass aktive Beteiligung die Menschen auch anders informiert. Sie wissen was läuft und dadurch ist auch größere Akzeptanz da. Ich glaube das ist was ganz Wichtiges, wenn Menschen in der Energiewirtschaft eine aktive Position einnehmen sollen. Wie war das dann? Ist das dann einfach ganz rund gelaufen die nächsten 20 Jahre oder gab es Schwierigkeiten?

Johann Moser: Wir haben kurz bevor das dritte Betriebsjahr beendet war einen Maschinenschaden gehabt, es war ein Generator kaputt, was ein großes Problem ist eigentlich. Zum Glück haben wir beim Verhandeln statt zwei Jahren Garantie, neben einem kleinen Preisnachlass, drei Jahre Garantie ausgehandelt, weil unser technischer Betriebsleiter gewusst hat, das ist so heikel wir müssen schauen, dass wir die Garantie möglichst weit rausschieben. Das war dann ein Glück, denn so war es ein Garantiefall, und sonst wäre es eine Katastrophe für uns gewesen wirtschaftlich. Nach zehn Jahren haben wir mehrere, einzelne gröbere Schäden gehabt, wo wir bei jedem einzelnen Schaden den Selbstbehalt bezahlen mussten, weil wir eine Maschinenbruchversicherung hatten. Aber weil alle Monate mal ein Schaden passiert ist, sind wir auf 20.000€ Schäden gekommen in dem Jahr, also insgesamt. Daraufhin hat uns die Versicherung gekündigt und wir haben dann versucht eine andere Versicherung zu finden und haben gesehen, dass das überhaupt keinen Sinn hat. Es ist für uns billiger und gescheiter das Risiko einzugehen und zu hoffen, dass wir weniger Schaden haben, als wir sonst an Prämie zahlen würden. Das hat auch funktioniert.

Ursula Seethaler: Gegen 2019 hat sich nochmal was entwickelt. Habt ihr dann nochmal eine Genehmigung gebraucht?

Johann Moser: Das war eine schwierige Geschichte. In der Genehmigung steht drinnen, dass sie für 20 Betriebsjahre erteilt ist und nachher muss man einen Nachweis bringen, dass die Anlagen noch in Ordnung sind.. Es war rechtlich nie ganz klar und ich habe auch von den Beamten der Landesregierung nicht wirklich eine gescheite Auskunft bekommen. Nur mündlich am Telefon. Ich habe immer das Gefühl gehabt sie wollen sich nicht festlegen schriftlich. haben uns orientiert an Schenkenfelden, die sind ein Jahr vor uns in Betrieb gegangen und an Eberschwang, wie die das machen mussten. Nur hat sich da in der Zwischenzeit die Gesetzgebung geändert. Im Prinzip haben wir ein Gutachten gebraucht von einem technischen Gutachter und wir haben gewusst, ein Gutachten kostet einen Haufen Geld. Dann wird herauskommen, dass man einzelne Sachen beheben muss, irgendwo sind Schrauben vielleicht rostig oder größere Dinge. Das hat uns 25.000€ gekostet, das war wirklich an der Schmerzgrenze. Wir haben schon gewusst ein Gutachten kostet gute 10.000€, die Schäden auch nochmal 10.000€. Wir haben lange diskutiert, ob wir uns das leisten sollen oder nicht. Es ist irgendwie problematisch, wenn man einen funktionierenden Windpark hat, und den einfach zusperrt. Aus energiepolitischen Gründen haben wir gesagt, wir können die Anlagen jetzt nicht stilllegen, obwohl sie noch laufen. In dem Gutachten steht drinnen, dass wir die Anlagen noch weitere 16 Jahre betreiben dürfen. Das ist eh unrealistisch, weil irgendwann bekommen wir keine Ersatzteile mehr. Aber jedenfalls gehen die Anlagen angeblich noch lange genug und es wäre schade, wenn wir nicht damit produzieren.

Ursula Seethaler: Dennoch war es wichtig, dass es weiter betrieben wird. Und 2020 seid ihr dann zu OurPower gewechselt.

Johann Moser: Genau, der ganze Prozess das Wechseln hat ja glaube ich 1,5 Jahre gedauert. Ich war bei euren Workshops dabei, das war jetzt fast zwei Jahre her ungefähr. Da war ich dabei und es war sehr interessant das ganze Konzept zu sehen, wie sich das entwickelt. Für uns war schon klar, dass das eine interessante Perspektive sein wird, weil wir einfach einen höheren Strompreis kriegen können. Das ist wichtig. Ich habe jetzt geschaut, wir haben heuer im April und Mai einen Cent pro Kilowattstunde bekommen. Wir liegen beim offiziellen Marktpreis jetzt vielleicht bei 2,5 Cent und durch das, dass ungefähr die Hälfte unserer Produktion mit OurPower verkauft wird, sind wir im letzten Monat jetzt auf 4 Cent gekommen. Wir kommen auf 4 Cent und das wird mit jedem Kunden den ihr habt, besser. Das ist unsere Hoffnung, dass das gut funktioniert. Ihr passt gut zu unserem Konzept von der Bürgerbeteiligung.

Ulfert Höhne: Ihr seid die, die die Kunden haben.

Johann Moser: Ja das stimmt. Es ist natürlich klasse, weil ich habe an unsere 100 stillen Gesellschafter diesen Appell, diese Einladung gegeben bitte den mit dem eigenen Geld finanzierten oder „produzierten“ Strom selbst zu konsumieren, weil das das eigene Projekt unterstützt.

Ursula Seethaler: Das ist das besondere an der Sache. Sie haben da investiert und können jetzt den eigenen Strom kaufen und dadurch konsumieren. Ihr habt jetzt die Hälfte eurer Jahresproduktion schon verkauft. Wir sind gestern auch den Erzeuger*innen-Kit noch gemeinsam durchgegangen und wir haben darüber gesprochen, dass ihr da rundherum noch viele Aktionen macht, damit der Anteil des verkauften Stroms noch steigt. 

Johann Moser: Ja, das ist unser Ziel, dass wir das noch schaffen.

Ulfert Höhne: Wenn ich da noch einmal einhaken kann. Wir haben schon mehrfach gesehen, das ist eine Kultrufrage, wir müssen gemeinsam lernen, dass wir den Beteiligten und den Mitgliedern unserer Genossenschaft auch klar machen: das seid ihr. Da wird euch nicht etwas von einem Händler verkauft, sondern wir nutzen gemeinsam die Energie, die wir auch gemeinsam Erzeugen. Das Tolle ist, dass man es eigentlich am Windpark Spörbichl ganz besonders gut sehen kann, das was wir auch wahnsinnig gerne erzählen. Dieses wach werden einer Gemeinschaft, dass man rauskommt aus der Bequemlichkeit des Konsumenten und sich denkt, ja super, jetzt kaufe ich endlich einmal meinen eigenen Strom. Ehe, dass ich jammere, dass der nur mit 1,5 Cent am Spotmarkt überlebt. Das ist supercool, was wir da sehen. Von einer 20-jährigen Beteiligungsbewegung zum Schrittweisen wachwerden einer doch politisch agierenden Community. Tolle Sache.

Johann Moser: Wenn du das jetzt sagst, die 20 Jahre stimmen natürlich. Ich bin überhaupt nicht mehr so aktiv, ich fühle mich gar nicht als Pionier. Ich mache das ja schon ziemlich lange. Das Tolle ist tatsächlich, dass das jetzt durch die gesetzlichen Möglichkeiten funktioniert, dass wir das so machen können, was wir eh schon immer gerne gemacht hätten. Dass die Beteiligten den eigenen Strom kaufen können bei uns, um einen Zwischenpreis, so dass man in beide Richtungen einen Vorteil hat. Ich sehe auch die Bewusstseinsbildung in diesem Zusammenhang. Meine ursprüngliche Idee war ja, dass man sagt es darf ruhig in jeder Ortschaft sichtbar sein, wie wir Energie erzeugen oder zur Verfügung stellen. Das heißt da darf in einem Ort ein Biomassekraftwerk sein, im anderen ein Wasserkraftwerk, im dritten ein Windkraftwerk, oder alles zusammen. Denn wir brauchen die Energie, dass wir uns das Leben halbwegs gemütlich machen und wirtschaften können. Die Überzeugung muss halt irgendwo passieren und die darf man sehen. Genauso wie man die Abfallzentren oder die Müllzusammensammlung sehen darf, oder Abwasserreinigung oder sowas. Das muss nicht versteckt anonym sein in unserer sauberen Welt, sondern das gehört einfach dazu.

Ursula Seethaler: Die Grundlagen unseres Wohlstands sichtbar machen und damit auch zu leben und selber auch gemeinsam zu finanzieren und investieren, damit sie dann gemeinschaftlich bestimmt funktionieren.

Johann Moser: Auch um das Bewusstsein zu sehen. Wir brauchen Energie, wir können uns überlegen wie erzeugen wir die oder wie bringen wir die zustande und das diskutiert man eher, wenn man es vor Ort sieht, als wenn das von irgendwo weit weg importiert wird. Wir decken das zu und wollen gar nichts wissen davon. Das ist auch wie bei der Lebensmittelproduktion, das ist immer das gleiche Thema letztlich.

Ursula Seethaler: Du hast uns ganz spannend dazu erzählt und ich glaube, dass du schon Pionier bist, weil ich denke mir immer dann wenn man zu einem Zeitpunkt Dinge macht, wo es noch nicht Common Sense ist, muss man dicke Bretter bohren, dass man dort ankommt, wo man gerne hinmöchte. Das ist eine ganz schöne Sache, da möchte ich dir auch herzlich gratulieren im Nachhinein. Vor allem, dass du jetzt auch noch aktiv bist und bei OurPower wieder aktiv bist. Was würdest du dir wünschen am Energiemarkt, wie könnte der verbessert werden in deiner näheren Umgebung. Was wären da deine Wünsche?

Johann Moser: Das ist schwierig zu sagen. Was wahrscheinlich wichtig ist, ist das Gemeinden wirklich vor Ort als Gemeinde selbst Konzepte machen. In Freistadt haben wir schon vor 20 Jahren ein Energie-Contracting gemacht, oder länger sogar schon. Das war auch zu der Zeit damals. Da war einer unserer GmbH Mitglieder Stadtrat in Freistadt, Planungsstadtrat. Solche Projekte zu machen, dass wir so mit dem Energie-Contracting den Energieverbrauch der Gemeinde, ich glaube auf 30%, reduziert haben, durch Austausch von Straßenbeleuchtung, Photovoltaik Anlagen auf öffentlichen Gebäuden, das ist eh das was Helios sehr forciert hat. Wenn in den Gemeinden solche Sachen passieren und vielleicht auch bei Umwidmungen von Baugründen das forciert wird. Ich weiß es ist immer schwer Leute zu verpflichten oder zu zwingen, aber sie können zumindest ermutigt werden auf das Thema zu schauen. Das wäre schon einmal eine Möglichkeit. Und ansonsten naja bei der nationalen Energiegesetzgebung, da bin ich jetzt gar nicht so am Laufenden. Da müsste auch was passieren, dass man wirklich halbwegs rasch eine ökologische Wende hinkriegt.

Ursula Seethaler: Danke, ich glaube das ist ein wichtiger Input, dass man auf der Gemeindeebene agieren kann mit voller Unterstützung, auch von OurPower, damit neue Projekte passieren und man da anschieben kann. Du hast mir gestern gesagt du bist Lehrer, aber du hast jetzt dein letztes Dienstjahr und es steckt noch etwas anderes in dir, man hat ja viele Hüte auf im Leben. Die möchte ich zum Schluss noch hervorheben und einladen auf die Webseite vom Hans Moser zu gehen. Aber erzähl mal kurz, du bist Künstler.

Johann Moser: Ich bin unter anderem auch Künstler, genau. Ich habe verschiedene Facetten. Ich bin jetzt 30 Jahre lang kommunalpolitisch aktiv gewesen und beende sozusagen mit den Landtagswahlen und Gemeinderatswahlen nächstes Jahr im Herbst in Oberösterreich diese Tätigkeit nach 30 Jahren. Andere kommen in die Midlife-Crisis und ich wollte sehen, ob ich künstlerisch was kann. Ich habe nebenberuflich Komposition studiert, das war zur gleichen Zeit, wie wir den Windpark geplant haben, das war so ein Wahnsinn, weil ich nicht wirklich gewusst habe was ich mehr machen soll. Ich bin aber dann in die visuelle, bildende Kunst gekommen und bin Medienkünstler im Prinzip. Wer die Homepage anschauen will kunst.standpunkte.at. Ich habe schon ein paar außergewöhnliche Projekte, wo man sich auch Bilder downloaden kann, die laufend permanent automatisch generiert werden. Dadurch, dass ich Mathematiker und Programmierer bin, bin ich auch im Kunstbereich natürlich in einer Mischung aus digital und analog unterwegs.

Ursula Seethaler: Ich war gestern auf deiner Webseite, ich habe das sehr toll gefunden. Mir hat das sehr gut gefallen die Vielfältigkeit deiner Person und was es bedeutet aktiv zu sein und eben nicht nur am Energiemarkt, sondern dann auch als Künstler. Ich glaube Kreativität ist dann überall gefragt und die hat dann unterschiedliche Ausprägungen.

Johann Moser: Ja, genau das ist eigentlich der Urbegriff. Dadurch macht man auch etwas, wie dieses Windpark-Engagement, was aus dem üblichen beruflichen Rahmen hinausfällt, dann macht man sowas, wenn man kreativ sein möchte.

Ursula Seethaler: Johann, danke für das Gespräch.

Das Gespräch mit Johann Moser zum Nachsehen

Wer sich das Gespräch als Video ansehen möchte findet hier die Aufzeichnung.

Interview mit Johann Moser (Windpark Spörbichl)
OurPower

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